Gut geplant ist Urlaub auch mit Huntington möglich
Jeden Tag genießen
Erstmal möchten wir uns vorstellen. Mein Mann heißt Dieter und ist 61 Jahre, er bekam 2018 die Diagnose Corea Huntington, ich heiße Karola und bin 65 Jahre. Wir sind gerne in den Urlaub gefahren und haben die Welt bereist.
Nach der Diagnose ist bei uns nichts mehr wie es war. Umzug in eine behindertengerechte Wohnung, verstehen was kommen wird, Ängste bekämpfen und stark bleiben für diesen ungewissen Weg. Aber sollte das alles sein und sich alles nur noch um Huntington drehen? Da sind mein Mann und ich uns einig: Nein, wir werden versuchen jeden Tag so zu gestalten wie es uns gefällt.
Im Januar wünschte sich mein Schatz noch einmal in den Urlaub zu fliegen, noch einmal nach Griechenland. Meine anfänglichen Bedenken waren schnell ausgeräumt indem ich mich gut beraten ließ. Erst beim Arzt und dann im Reisebüro. Es gibt schöne Hotels, die auf Menschen mit Behinderung eingestellt sind. So eines haben wir auf der Insel Kos gefunden und zwei Wochen gebucht.
Das Reisebüro war uns bei allen Formalitäten behilflich. So habe sie die Plätze für Hin- und Rückflug gebucht und auch den Rollstuhltransfer ins Flugzeug und aus dem Flugzeug für den Hin- und Rückflug organisiert. Dies ist ein kostenfreies Angebot der Fluglinien, und wir wurden ganz schnell ein- und ausgecheckt. So hat unser Urlaub ganz entspannt angefangen.
Selbst unser Zimmer war behindertengerecht und ohne Stolperfallen. In der gesamten Hotelanlage gab es glatte Wege, auf denen wir die Treppen umgehen konnten und die mit dem Rollator gut zu begehen waren. Oder wir konnten einen der vielen Fahrstühle nutzen.
Wir haben uns richtig wohlgefühlt und es gab überall hilfsbereite Menschen. Meine anfänglichen Ängste waren ganz schnell verschwunden und ich konnte jeden Tag genießen. Ich merkte auch, dass sich mein Mann immer mehr entspannte und seine körperliche Unruhe manchmal kaum zu spüren war.
Am wohlsten fühlte er sich am weitläufigen Strand, an dem wir täglich kleine Spaziergänge machten und die Sonne genießen durften. Die Seeluft, das Wellenrauschen und die Ruhe tat uns so gut, hat uns vieles vergessen lassen und gezeigt, dass eine Krankheit auch in den Hintergrund rücken kann, wenn man versucht, das Schöne und Positive am Leben zu sehen.
Natürlich gab es auch Tage, an denen es Dieter nicht so gut ging und er viel geschlafen hat. Dies war okay. Manchmal haben uns auch Leute angesprochen, ob sie helfen können. Sie hatten das Gefühl, Dieter geht es nicht gut. Ein aufklärendes höfliches Gespräch half dann die Situation zu entspannen.
Es gab auch Begegnungen die mich sehr berührt haben: Viele kennen Huntington nicht, und die Menschen waren dann sehr berührt.
Mein Fazit ist, ich werde – solange es mein Schatz noch kann und möchte – mit ihm Urlaub machen, vielleicht keine zwei Wochen mehr. Ich habe gemerkt, dass er nach einer Woche sein gewohntes Umfeld und seine Routine vermisst hat.
Ich möchte allen Mut machen sich zu Hause nicht zu verkriechen. Das Leben ist schön, auch mit so einer schlimmen Krankheit. Gute Vorbereitung und Organisation hilft da im Vorfeld. Und für mich war die wichtigste Erkenntnis, den Betroffenen etwas zu zuzutrauen. Die Angst hatte ich, dass etwas schief laufen oder passieren kann, nicht er.
Karola
14. August 2022