Generationswechsel und ich

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Generationswechsel und ich

Auch für die Deutsche Huntington Hilfe ist dieses Thema nicht außer Acht zu lassen. Viele fachlichen Experten sind im verdienten Rentenalter und teilweise auch darüber hinaus. Wie kann ein guter Generationswechsel gelingen und von welchen Faktoren hängt er ab? Im Prinzip lässt sich der Generationswechsel mit dem Staffellauf in der Leichtathletik vergleichen. Es braucht mindestens zwei Läufer, die gemeinsam eine Staffelübergabe durchführen wollen: einen Läufer, der den Staffelstab bis zu einem bestimmten Punkt bringt, und einen weiteren Läufer, der bereit ist, den Staffelstab entgegenzunehmen und weiterzulaufen.

Es gibt allerdings auch viele Risiken. Der Staffelstab kann runterfallen, die Läufer können den richtigen Zeitpunkt verpassen, die Läufer können zu schnell oder zu langsam laufen oder Ähnliches. Wie beim Staffellauf kann auch eine Geschäftsübergabe von einem Unternehmensgründer an einen Nachfolger ablaufen. Dafür muss der Inhaber bereit sein, sein Wissen und die Erfahrungen an einen anderen weiterzugeben und er muss einen passenden Nachfolger finden, der sein Unternehmen mit einer ähnlichen Wertvorstellung weiterführen möchte. Oftmals scheitert eine Unternehmensübergabe genau an diesem Punkt. Es findet sich kein passender Nachfolger.

Ich glaube, dass dieser Punkt früher weniger Probleme machte. In der Regel übernahm der Erstgeborene das Unternehmen der Eltern oder erlernte zumindest den Beruf der Eltern, um später den Betrieb zu übernehmen. Frauen wurden meistens mit Männern bekannt gemacht, die ebenfalls in der Unternehmensbranche der Eltern tätig waren. Dadurch wurden Betriebe und Bauernhöfe über Generationen hinweg in Familien weitergegeben. Diese Tradition besteht auch heutzutage immer noch bei den Königshäusern, wobei in vielen Ländern auch Frauen die Thronfolge antreten können. Selten konnte man als Fremder eine Ausbildung in bestimmten Branchen machen, weil das Wissen um dieses Handwerk nur familienintern weitergegeben wurde.

Diese Traditionen waren nicht nur geprägt durch Zwänge und fehlender Selbstverwirklichung, sie hatten auch gewisse Vorzüge. Die Kinder machten oft schon sehr früh ihre Erfahrungen mit den elterlichen Branchen, bekamen Wissen bereits als Kleinkind übertragen und kannten die wichtigen Werkzeuge und Handgriffe. Die Nachfolgeregelung war klar und der Generationswechsel in der Regel fließend. Natürlich gab es trotzdem noch Herausforderungen bei der Übergabe. Oftmals mischten die Senioren immer noch im Betrieb mit, obwohl die Übergabe bereits seit Jahren an den Junior erfolgt war. Für den Knecht oder den Gesellen war diese Situation in der Regel nicht einfach, da man dann mehreren Meistern dienen musste.

Heutzutage gibt es diese Situationen nur noch selten. Die meisten Unternehmen suchen händeringend nach Nachfolgern oder Auszubildenden. Auch der Generationswechsel gestaltet sich oft schwierig. Welches Wissen kann, muss oder sollte der Senior weitergeben in Zeiten von Google, YouTube und Social Media? Wird der Senior dann nicht ausrangiert und gelangt aufs Abstellgleis? Welche Aufgaben bleiben dann noch für den scheidenden Senior? Wer kommt überhaupt als würdiger Nachfolger infrage? An wen kann das jahrelang angesammelte Wissen und die dazugehörige Erfahrung übertragen werden? Wo und wie findet man den passenden Nachfolger?

Mir persönlich war es schon immer ein Anliegen, einen guten Draht zu den jüngeren Generationen zu pflegen. Bei meinen Arbeitgebern habe ich mich gerne den Auszubildenden oder Studierenden angenommen und versucht, mein Wissen und meine Erfahrungen im gesunden Rahmen weiterzugeben. Ich hatte immer ein Ohr für ihre Probleme und Sorgen, habe kurz vor Zwischen- und Abschlussprüfungen mit Ihnen gelernt und dadurch fremde Berufe ausführlicher kennengelernt. Hätten Sie gewusst, dass man sich als Auszubildende für Hauswirtschaft auch Kenntnisse in der Pflege von Neugeborenen aneignen muss? Auch wenn ich keine eigenen Kinder habe, so hoffe ich doch bei einigen Jüngeren positive Spuren hinterlassen zu haben.

Auch die Deutsche Huntington-Hilfe steht vor dieser Herausforderung. Die meisten Vorsitzenden von einem Landesverband sind über 60 Jahre alt, teilweise sogar über 70 Jahre alt. Selbst der aktuelle Vorstand besteht zu zwei Drittel aus Senioren über 70 Jahren. Wo sind also die jungen Nachfolger? Natürlich gibt es im Beirat auch einen Vertreter der jungen Aktiven unter 35 Jahre. Auch gibt es viele Angebote für die jungen Aktiven zum gemeinsamen Austausch untereinander und zur Förderung der Vernetzung. Aber wie und wo können sich Junioren und Senioren miteinander austauschen?

In der Regel erkranken die Genträger erst Mitte 50 oder später. Ihre Familienangehörigen erfahren erst dann von dieser Erbkrankheit, weil über Erbkrankheiten in der Familie selten gesprochen wird oder diese totgeschwiegen werden. Dann steht man als möglicher Genträger vor der Herausforderung, wie viel Raum gebe ich diesem Thema im Leben. Die meisten jungen Betroffenen stehen mitten im Leben und haben kaum Zeit, sich in einem Verein ehrenamtlich zu engagieren. Die älteren Betroffenen sind entweder erkrankt oder gehören zu den pflegenden Angehörigen und haben dadurch wenig Zeit. Somit gestaltet sich ein Generationswechsel auch in der Deutschen Huntington-Hilfe schwierig.

Ein erster Schritt konnte in der Redaktion des Huntington-Kuriers vollzogen werden. Vanessa übernahm ab Oktober 2023 die Aufgaben der Redakteurin im Verein und ist damit ein sehr gutes Beispiel für einen gelungenen Generationswechsel von Carmen, die dem Verein auch weiterhin in zahlreichen anderen Bereichen unterstützt. Wer möchte Vanessas Beispiel folgen und ebenfalls einen Staffelstab übernehmen?

Eure Doris